Proben, proben und nochmal proben – so gestalteten sich die letzten Wochen des Modern Sound[s] Orchestra (MSO) aus Seelze bei Hannover, nachdem die Teilnahme am diesjährigen 9. Niedersächsischen Orchesterwettbewerb in Rotenburg (Wümme) feststand und die Vortragsstücke ausgewählt waren. Neben den regulären Proben gab es auch Registerproben und einen Probentag und trotz des vollen Probenplans kam der Spaß nicht zu kurz.
Am Samstag, den 4. Juli war es dann vorbei mit der Vorbereitung. Frühmorgens ging es mit dem Bus zunächst in die Scharnhorstkaserne, um im Probesaal des Heeresmusikkorps Hannover die beiden Vortragsstücke noch ein letztes Mal durchzugehen, bevor sich das 60-köpfige Orchester schließlich auf den Weg nach Rotenburg machte.
Vor vier Jahren nahmen die Seelzer Musiker erstmalig am Niedersächsischen Orchesterwettbewerb teil und wurden daraufhin für den Deutschen Orchesterwettbewerb zugelassen. Jetzt wollte es das engagierte Laienorchester mit seinem Dirigenten Henning Klingemann erneut wissen und trat bei dem landesweiten Wettbewerb in der Kategorie „B1a Blasorchester in Harmoniebesetzung“ mit zwei Musikstücken an. Als Pflichtstück wählte das Orchester „Suite voor Harmonieorkest“ von Bob Vos. Pünktlich um 12 Uhr mittags nahm das gut vorbereitete MSO die Plätze auf der Bühne in der Rotenburger Realschule ein und begann nach der Anmoderation hochkonzentriert vor den kritischen Augen und – vor allem – Ohren der Wertungsrichter und des Publikums seinen Vortrag. Eine nicht nur aufgrund der Anspannung sehr schweißtreibende Angelegenheit, denn an diesem Tag meinte es der Wettergott mit heißen 38 °C viel zu gut, um beim Spiel einen kühlen Kopf bewahren zu können. Nach einem extrem ruhigen Largo verwandelt sich der erste Teil der Suite in ein Allegro, das von vielen kurzen Themen von leicht und verspielt bis breit und getragen geprägt ist. Technisch zwar gut machbar liegt die Schwierigkeit in diesem Stück in einer sauberen Intonation, einem präzisen Zusammenspiel und besonders in der deutlich und in kurzen Abständen wechselnden Dynamik. Aufgrund dessen und der immer wieder eingestreuten Ritardandi und Accelerandi waren eine exakte Stabführung und äußerste Aufmerksamkeit geboten, um diese Hürden erfolgreich zu nehmen. Trotz der großen Hitze wurde der erste Satz gut gemeistert und es folgte der zweite Teil der Suite, ein Scherzando mit einem tänzerisch leichten Charakter im 6/8-Takt. Nach dem von schönen, melodischen Linien dominierten, ruhigen und harmonischen dritten Satz und dem energischen Schlusssatz konnten die Musiker einen Augenblick durchatmen. Das Pflichtstück war überstanden und mit einem guten Gefühl machte sich das Orchester für die Kür bereit: „subTERRA“ von Daniel Weinberger. Hier erzählt der Komponist die Geschichte eines Bergarbeiters, der den Einsturz eines Stollens überlebt. Mysteriöse Klänge, solistische Einwürfe, harmonische Melodien und eingestreute Klangeffekte wurden vom MSO dynamisch differenziert dargeboten. Kurz darauf konnte das Orchester die Wettbewerbsbühne nassgeschwitzt, aber auch mit sich zufrieden schon wieder verlassen.
Nun lag es in der Hand der Jury: Wie hatte ihr der Beitrag gefallen? Wie würde das MSO in diesem Jahr abschneiden? Was gab es zu loben – was gab es zu kritisieren? Zumindest die letzten Fragen konnten in einem unmittelbar anschließenden Gespräch geklärt werden: Die Jury lobte unter anderem die musikalische Ausgestaltung der Stücke, den ausbalancierten Klang des Orchesters, die Wahl der Tempi und die gekonnten Tempoübergänge sowie die ausdifferenzierte Gestaltung der Dynamik. Auch das harmonische Zusammenspiel der Musiker untereinander und die ausgesprochen gute Interaktion des Orchesters mit seinem Dirigenten hob die Jury hervor. Insgesamt sei es ein sehr stimmiger Vortrag gewesen, bei dem man dem MSO im Besonderen seine Spielfreude angemerkt habe und bei dem lediglich Kleinigkeiten noch verbessert werden könnten. Das MSO wirke souverän, selbst bei den sehr anspruchsvollen Werken: „Ihr habt die Partitur im Kopf und nicht den Kopf in der Partitur“, so ein Jurymitglied.
Jetzt hieß es warten, denn die Bekanntgabe der Wertungen erfolgte erst nach Abschluss sämtlicher Vorträge in allen Kategorien und so nutzte man die Zeit, um sich die Beiträge der anderen Wettbewerbsteilnehmer anzuhören oder um sich im Biergarten oder im Erlebnisbad abzukühlen. Am späten Nachmittag löste sich die Spannung mit der Verkündung der Ergebnisse. Mit 23,9 von 25 möglichen Punkten und dem Prädikat „mit hervorragendem Erfolg teilgenommen“ sicherte sich das Orchester nicht nur den ersten Platz in seiner Kategorie, sondern qualifizierte sich auch für die Teilnahme am 9. Deutschen Orchesterwettbewerb, der vom 30. April bis zum 8. Mai 2016 in Ulm stattfinden wird. Dort darf das MSO dann Niedersachsen, die Region Hannover und Seelze repräsentieren.
Erschöpft aber hochzufrieden und gutgelaunt traten die so ausgezeichneten Musiker anschließend die Heimreise an – die wochenlange intensive Probenarbeit hatte sich also richtig gelohnt!
Zu Hause angekommen gab es noch eine tolle Überraschung: Neben dem ausgezeichneten Gesamtergebnis hatte das MSO für seine Interpretation von „subTERRA“ den Sonderpreis in der Kategorie „Interpretation zeitgenössischer Musik“ gewonnen. Dies sorgte für erneuten Jubel bei den Musikern.
(tj/an/fm)