"Movements" - die Neujahrskonzerte des Modern Sound[s] Orchestra aus Seelze
Orchester begeistert 700 Zuhörer mit Tournee durch die Region Hannover
(tj) Fröhlich fahnenschwenkend durch die Straßen marschierende Amerikaner zogen bei den ersten Klängen vor dem geistigen Auge des erwartungsvollen Publikums vorbei: „The Stars and Stripes forever“ – mit diesem allseits bekannten, optimistischen und bewegten Marsch des Komponisten John Philip Sousa begannen die drei diesjährigen Neujahrskonzerte des Modern Sound[s] Orchestra (MSO).
Das Ensemble aus Seelze ist mittlerweile durch die Teilnahme an Wertungsspielen auf Landes- und Bundesebene weit über die Grenzen des Vorortes von Hannover hinaus bekannt. In der Wandelhalle Bad Nenndorf, der Aula der Hannoverschen Tellkampfschule und im Neuen Forum des Seelzer Schulzentrums verzeichnet das sinfonische Blasorchester in den letzten Jahren auf seinen Neujahrskonzerten ebenfalls steigende Zuschauerzahlen, was nicht zuletzt auf die hohe musikalische Qualität dieses 55-köpfigen Orchesters unter der Leitung seines Dirigenten Henning Klingemann zurückzuführen ist.
Diese wurde schon bei dem Eröffnungsmarsch des MSO deutlich, so richtig entfaltete sich das große Potential dieses hervorragend besetzten Klangkörpers jedoch erst bei den folgenden Stücken, die allesamt unter dem Motto „Movements“ standen.
Musik, die bewegt und zur Bewegung animiert – davon konnte sich das interessierte Publikum in den folgenden zweieinhalb Stunden überzeugen. Ob Marsch, Walzer, mexikanisch-lateinamerikanischer Tanz, argentinischer Tango, feuriger spanischer Folk, Flamenco, israelische Volkstänze – die gesamte Bandbreite tänzerischer Musik war zu hören und fortgesetzt wurde dieser Reigen nach dem Eröffnungsmarsch mit dem „Kaiserwalzer“ von Johann Strauß (Sohn), der mit seinen vier Walzerthemen nur so von Wiener Blut strotzt. Mit der vierteiligen Suite „Rikudim“ von Jan van der Roost präsentierte das Orchester hebräische Tänze mit außereuropäischen Tonfolgen, Harmonien und Rhythmen. In dem äußerst sanften und sehnsüchtigen „Oblivion“ von Ástor Piazzolla, das für den Film „Heinrich IV“ komponiert worden ist, lässt der straffe Rhythmus des Tangos genügend Raum für eine lyrische, besinnliche Melodie, die von Solistin Melanie Vockeroth (sonst eigentlich dem Klarinettenregister zugehörig) auf dem Akkordeon einfühlsam dargeboten wurde.
Eine melancholische Atmosphäre verknüpft mit schwungvollen Rhythmen und eine differenzierte Facette des Orchesterklangs durch die Hinzunahme eines Klaviers erwartete das Publikum im „Danzón No. 2“ des mexikanischen zeitgenössischen Komponisten Arturo Márquez. Auch hier zeigte sich die spielerische Brillanz des jungen Orchesters. Rhythmische Verschiebungen sowie permanente Tempo- und Taktwechsel forderten höchste Konzentration und dennoch wurde das anspruchsvolle Werk mit Leichtigkeit und Präzision vorgetragen.
Mit Richard Wagners gewaltigem „Der Ritt der Walküren“ aus dem „1. Tag“ seiner Operntetralogie knüpfte der zweite Konzertteil nahtlos an das Niveau des ersten Teiles an. Bei diesem Werk waren neben den Blechbläsern besonders die Holzbläser gefordert, in dem sie die originär von Streichern gespielten schnellen Tremoli-Passagen übernehmen mussten. Spanische Flamencoakkordfolgen, auf Volksweisen beruhende Melodien und sich an iberischen Tänzen orientierende Rhythmen bilden die Zutaten der Originalkomposition „El Camino Real“ von Alfred Reed. Furiose Läufe wechseln sich mit ruhigen lyrischen Passagen ab und bestätigten durch exaktes Zusammenspiel und saubere Intonation aller Register erneut die musikalische Güte des MSO. Bereits hier waren die ersten Standing Ovations im Publikum in Seelze zu verzeichnen.
Nach Hans Zimmers „explosiver“ Filmmusik „Backdraft“ stand ein Querschnitt aus dem Musical „Les Misérables“ auf dem Programm. Die wunderschönen, packenden und anrührenden Melodien von Claude Michel Schönberg stellen in dem Arrangement von Marcel Peeters hohe Anforderungen an die einzelnen Register. Dank des einfühlsamen und sehr präzisen Dirigats entlockte Klingemann seinen Musikern Höchstleistungen, so dass das Werk mit seiner großen Klangvielfalt zu einem weiteren Höhepunkt des Konzertes wurde. Das für sinfonische Blasmusik arrangierte Medley bekannter Hits der Gruppen Queen und Genesis mit dem Titel „Symphonic Rock“, bei dem neben dem E-Bass auch eine E-Gitarre zum Einsatz kam, endete mit dem bezeichnenden Queen-Titel „We are the Champions“.
Ein schöner Abschluss für dieses äußerst „bewegende“ Konzert, doch es versteht sich von selbst, dass die Seelzer „Champions“ nach überschwänglichem Applaus erst nach drei Zugaben die Bühne verlassen durften. Besonders freuten sich die Musiker beim Konzert in Seelze über diese Reaktion beim Publikum, wo das Orchester mit Standing Ovations vor und bei den Zugaben bedacht wurde.