Unter dem Motto „Hauptstadt trifft Küste“ versammelten sich die Mitglieder der beiden besten sinfonischen Blasorchester Niedersachsens. Denn sowohl das Modern Sound[s] Orchestra (MSO) aus Seelze als auch das sinfonische blasorchester wehdel (sbw) aus dem Landkreis Cuxhaven belegen bei Wertungsspielen stets die vorderen Plätze. Dass man bei so einem hohen musikalischen Niveau auch gleich tickt, bewiesen die beiden Ensembles am 6. Mai 2018 in der Geestland-Halle in Elmlohe. Alle 100 Musiker verfolgten das Ziel, gemeinsam ein anspruchsvolles Programm auf die Beine zu stellen.
Doch auch wenn einzelne Register überproportional besetzt waren, sprach es für die Qualität der Musiker, dass es nicht zu einem ohrenbetäubenden Tohuwabohu kam, sondern auch dann noch die Klangbalance gewahrt blieb. Die war auch erforderlich, damit in jedem Stück die wesentlichen Passagen entspannt in den Vordergrund treten konnten. Und so konnten die beiden Dirigenten Thomas Ratzek (sbw) und Henning Klingemann (MSO) am Vortag des Konzerts an den Feinheiten proben, die nach dem gemeinsamen Probenwochenende im April und den wöchentlichen orchesterinternen Proben noch auf der Agenda standen.
So war der großbesetzte Klangkörper bestens vorbereitet auf das Konzert. Im ersten Teil stand dabei die „Jubilee Overture“ von Philip Sparke auf dem Programm, gefolgt von der „Second Suite for Band“ von Alfred Reed und Bill Whelans „Seville Suite“. Der Wechsel zwischen opulenten Tuttistellen im Forte hin zu filigranen Solopassagen erzielte bei Mitspielern und Zuhörern Gänsehaut. Technisch anspruchsvolle Läufe meisterten die Musiker, die sich größtenteils auch aus weiteren Auswahlensembles kennen, scheinbar mühelos.
Im zweiten Teil entführten MSO und sbw die Zuhörer dann in die Phantasiewelt des „Herrn der Ringe“. Die auf dem gleichnamigen Roman beruhende Sinfonie von Johan de Meij rund um Gandalf, Gollum und die Hobbits feiert in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag. Und so freut sich auch der Komponist über fünf Aufführungen an jenem Wochenende, die neben Elmlohe auch in den USA und Brasilien zu hören waren.
Bei dem klanglichen Resultat muss sich die kurzzeitige Orchesterverbindung bestimmt nicht hinter den übrigen Interpretationen verstecken. Denn zunächst führte Thomas Ratzek seine Schützlinge behutsam durch Gandalfs majestätischen Ritt auf seinem Pferd Schattenfell, den mysteriösen Gang durch den Elbenwald Lothlórien und charakterisierte Gollum eindrucksvoll, dessen gespaltene Persönlichkeit vom Sopransaxophon porträtiert wurde.
Danach übernahm Henning Klingemann den Taktstock und bewies abermals sein Fingerspitzengefühl bei der gefährlichen „Journey in the Dark“, bei der er die Musiker sicher durch alle musikalischen Herausforderungen führte. Und auch im letzten Satz, der den Hobbits gewidmet ist, holte er mit den Emotionen zwischen Trauer und Frohsinn das gesamte Spektrum der Gemütszustände musikalisch aus dem Orchester heraus.
Kein Wunder also, dass es am Ende zu stehenden Ovationen eines rundum begeisterten Publikums kam. Gerne ließen sich die Musiker zu zwei Zugaben bitten. Zunächst bewiesen sie abermals mit der schnellen irischen Folksong-Suite „At Kitty O’Shea’s“ ihre technische Raffinesse, ehe dann mit der heiteren Jagd nach einer penetranten „Fliege“ die Beteiligten sich voneinander verabschiedeten. Bei der Stimmung an den beiden Wochenenden zum Proben und Konzertieren war es aber bestimmt nicht die letzte Begegnung zweier Orchester, die sich auch zukünftig auf Augenhöhe begegnen werden.
(ja)